Ein erfolgreicher Kulturwandel von Organisationen und Unternehmen muss mehr sein als nur Oberflächenkosmetik, die die Außendarstellung verbessert. Sie ist die originäre Aufgabe von Führungskräften. Dennoch setzen viele Geschäftsführer und leitende Führungskräfte nach wie vor auf Kulturentwicklungsprogramme mit vorgegebenen Verhaltens- und Denkweisen und neuen Einstellungen für ihre Mitarbeiter, die diese dann automatisch übernehmen und leben sollen. Ähnlich wie das Update eines Computerprogramms, das sich wie selbstverständlich verbreitet und anstandslos und ohne Zwischenfälle funktioniert.
Netzwerk- und Informationsveranstaltungen sowie öffentliche Berichte sind für Unternehmen daher, beliebte Plattformen ihren durchlebten Kulturwandel als großen Erfolg darzustellen und als Meilenstein in der Unternehmensgeschichte zu feiern. Die Aspekte des Erfolgs beziehen sich insbesondere auf die Mitarbeiter. U. a. werden die Fortschritte in der Mitarbeiterführung und -entwicklung hervorgehoben, wirkten sich diese doch besonders positiv auf das Arbeitsklima und somit auf die Gesundheit und die Zufriedenheit der Mitarbeiter aus.
Es wären wirklich gute Neuigkeiten, dass es mehr und mehr Unternehmen gibt, die den Wert ihrer Mitarbeiter für den Wertschöpfungsprozess erkannt haben und dies in ihrer Unternehmenskultur zum Ausdruck bringen möchten, wenn nicht die Mitarbeiter dieser Unternehmen selbst nach außen etwas völlig anderes kommunizieren würden.
Wenn die Mitarbeiter und mittleren Führungskräfte die Falschheit und die daraus resultierende Erfolglosigkeit spüren und die Enttäuschung darüber nach noch außen tragen, kann dies für die Unternehmen richtig kritisch werden.
Wenn Kunden, Bewerber und Mitarbeiter bemerken, dass die Eigenwahrnehmung und Fremdwahrnehmung des Unternehmens nicht übereinstimmen, kann der gewünschte positive Effekt, zahlungskräftige Kunden und qualifizierte Mitarbeiter zu gewinnen, sehr schnell verloren gehen. Denn sobald diese realisieren, dass sie nicht das vorfinden, was dargestellt ist, entscheiden sie sich für die Konkurrenz bzw. die, die ihre Kultur authentisch leben.
Oder das ohnehin schon schlechte Betriebsklima wird noch schlechter. Die Mitarbeiter, die bleiben, reagieren mit Zynismus und lassen ihren Frust an Kunden oder Untergebenen aus. Die Qualität sinkt und die Fluktuation und die Krankheitsquote steigt. Der wirtschaftliche Erfolg gerät in ernsthafte Gefahr.
Eine vorgefertigte Kultur mit vorkonfigurierten Werten und Einstellungen kann nicht die Arbeit tun, die die originäre Aufgabe leitender Führungskräfte ist. Führungskräfte haben eine Vorbildfunktion. Ihre Aufgabe ist es, die geforderten Werte und damit verbundenen Regeln zu leben und zusammen mit ihren Mitarbeitern und mittleren Führungskräften zu erarbeiten und umzusetzen.
Ein Kulturwandel, der authentisch und ernstgemeint sein soll, braucht Zeit, die richtige Begleitung, das Wissen um Rückschläge und die Zustimmung und Unterstützung, aller im Unternehmen Beschäftigten.